Der Heavy Metal Darm

Darmkrebs-Prävention auf dem lautesten Festival der Welt.

Seit 2023 stellt die Wacken Foundation dem Netzwerk Patientenkompetenz auf dem Wacken Open Air einen eigenen Pavillon zur Verfügung. Krebsbetroffene, Ärzte und engagiertes Personal der Westküstenkliniken und die Akteure des größten Charity-Festivals Norddeutschlands, der "Wattolümpiade" widmeten sich 2024 erstmals schwerpunktmäßig der Darmkrebsprävention. Als Teaser baute (Foto) Dr. Thomas Thomsen spielerisch mit einem Geschicklichkeitsspiel Schwellenängste ab und führte Gespräche über das Generalthema Darmkrebsvorsorge..

"Der beste Krebs ist der, den man gar nicht erst bekommt "

Zitat Holger Hübner (Mitbegründer des WOA)

Als mehrfach ausgezeichneter Regionalvertreter der Stiftung LebensBlicke erkannte Dr. Thomsen die Reichweite der aufgeschlossenen Veranstaltung, auf der man unaufdringlich weit über 80 000 Besucher erreichen könnte, die vermutlich nur in Ausnahmefällen unseren Krebsinformationstagen oder den Instruktionen in Klinik-Veranstaltungen gefolgt wären.

Auf einem Festival wie dem Wacken Open Air gelten jedoch andere Formen der Wahrnehmung und denen muss man auf besondere Weise entsprechen. Das war allen Beteiligten nach einem Probelauf klar. "Niemand besucht dieses Festival, um mit Krebs konfrontiert zu werden. Man kommt hierher um gute und laute Musik zu genießen. Aber jeder zweite Metalhead hat einen Krebsfall im Freundeskreis oder in der Familie" mahnt der Initiator Jens Rusch". Man beschloss, ein bisher nicht verfügbares Darmmodell in stattlicher Größe bauen zu lassen, das bereits aus der Ferne erkennbar sein sollte um die Aufmerksamkeit Interessierter effektiver fokussieren zu können. Kleinere Modelle in natürlicher Größe, wie sie in der medizinischen Ausbildung verwendet werden, sind auf Festivals viel zu unscheinbar und würden schwerlich wahrgenommen.

Nach verantwortungsvoll geführten Diskussionen beschloss der "Wattikan" - das ist das Organisationsgremium der Wattolümpiade - ein entsprechendes Darmmodell in bislang nicht verfügbarer Größe vom Künstler und Ausstellungs-Plastiker Reiner Götsche anfertigen zu lassen. Finanziert wird diese anspruchsvolle Arbeit aus den Erlösen des Charity-Events "Wattolümpiade". Göttsche hat sich mit riesigen Modellen und Skulpturen für Meereskunde und Museen einen Namen gemacht. Dazu gehört u.a. das lebensgroße Herz eines Wales, in dem bequem ein Mensch Platz nehmen kann.

Ein Teil des Darm-Modells soll interaktiv nutzbar sein, um eine Koloskopie erläutern zu können. Eine anspruchsvolle Aufgabe für den Modellbauer Reiner Götsche (rechts), der sich zunächst fachliche Ratschläge bei Dr. Thomas Thomsen einholt.

Eine monatelange Arbeit, während der er permanent Wünsche und Korrekturvorschläge berücksichtigen muss. Ein wichtiger Teilaspekt ist dabei auch die Transportfähigkeit, denn dieses Modell soll durchaus auch anderen Institutionen zur Verfügung gestellt werden.

"Der Heavy Metal-Darm"

Brunsbüttel – Der Dithmarscher Künstler Jens Rusch (74), selbst Krebspatient, hat ein Präventionsnetzwerk rund um das Wacken Open Air aufgebaut. Zur Unterstützung wurde nun der Verein Netzwerk Patientenkompetenz e.V. gegründet. Eine zentrale Neuerung: Ein überdimensionales Darmmodell, das auf Großveranstaltungen wie dem Wacken Open Air eingesetzt werden soll.

Im Laufe der Jahre ist durch die Wacken Foundation eine kleine Charity-Zeltstadt entstanden, die verschiedenen karitativen Organisationen Raum bietet. Dort war nun auch diese Idee entstanden. „Es ist sinnvoll, hier verschiedene engagierte Gruppen zu bündeln. Das Konzept hat sich bewährt und rasch weiterentwickelt“, erklärt Rusch.

Bereits vor 20 Jahren gründete der Künstler die „Brunsbütteler Wattolümpiade“, die mit der Initiative „Stark gegen Krebs“ über 660.000 Euro für die Unterstützung von Krebspatienten gesammelt hat. Die Spenden kommen den Westküstenkliniken, der SH-Krebsgesellschaft und einem Hospiz zugute. Die Wattolümpiade fand dieses Jahr zum letzten Mal statt. Rusch betont: „Nach diesem Finale drohten meine Aktivitäten zu versanden, daher musste eine Nachfolgeregelung her.“

Nun unterstützt Rusch, nach einem leichten Schlaganfall im letzten Jahr, den neuen Verein als beratender Beisitzer und setzte sich dafür ein, dass die Kliniken direkt beim WOA präsent sind. In einem Videocall mit Dr. Thomas Thomsen, Klinikleiter in Brunsbüttel und Aktivist in der Darmkrebsprävention, wurde dies beschlossen. „Die positive Resonanz war überwältigend: Fast jeder WOA-Besucher kennt jemanden mit Krebs“, berichtet Thomsen.

Ruschs Organisationspartner, Sebastian Kimstädt, ließ für die Aktion T-Shirts mit dem Slogan „Krebs ist für'n Arsch“ drucken. Beim WOA kamen über 1.000 Gespräche zustande – weit mehr als bei regulären Infoveranstaltungen.

Dr. Martin Blümke, Geschäftsführer der Westküstenkliniken, begrüßt die Entwicklung: „Mit dem Verein haben wir nun eine tragfähige Struktur, die Kliniken und WOA eng verknüpft.“ Rusch hofft, dass seine bisherigen Aktivitäten nun auch ohne ihn fortbestehen. Unter dem Motto „Wissen hilft Überleben“ soll der Verein Forschungs- und Palliativeinrichtungen vernetzen, um die Patientenkompetenz zu stärken.

Zu den Botschaftern des Netzwerks zählen die Onkologen Prof. Dr. Maximilian Mehdorn, Dr. Ahmed Al Menabbawy von der Uniklinik Greifswald sowie Dr. Bernd Schmude, der mit Rusch den Verein STARK gegen KREBS e.V. leitet. Auch Prominente wie Charly Hübner, Aurel Manthei und Kirsten Bruhn unterstützen die Initiative.

Ganz besonders stolz ist Rusch nun auf das große anatomische Darmmodell, das durch die Wattolümpiade finanziert wird und auf dem kommenden Wacken Open Air 2025 interaktiv präsentiert werden soll.

"Wir machen Darmkrebsprävention plausibel und fühlbar" umfasst er den Kern dieser neuen Aktivität.

Vorläufiges Vereinslogo. Entwurf von Tim Eckhorst